Mahd ist Mord? Heute nicht.

Wiesenknopfwiese bei VS Auhof

Wiesenknopfwiese bei VS Auhof

Ende Mai ist eine gute Zeit, um die Wiesenknopfwiese beim Aubrunnerweg mit der Sense zu mähen. Bis zum Sommer wird der Große Wiesenknopf wieder gewachsen sein, blühen, und dem Ameisenbläuling hoffentlich gefallen.

Wiesenknopfwiese bei VS Auhof

Mit dabei ist zunächst ein junger Mann, der mit seinem Rad aus dem Biesenfeld ins Wiesennetz Univiertel anreist, und eine Nachbarin. Eine Stunde später liegen schon schöne Streifen und inzwischen hat der junge Mann seine Familie angerufen, kommt vorbei, es ist leiwand hier. Während auch die Frau die Sense das erste Mal ausprobiert, halte ich die Kinder bei Laune, für die Sense sind sie noch zu klein. Wir beäugen das liegende Gras und Kraut, das die Eltern produziert haben, und nachdem sich unsere Augen an das Nurgrün gewöhnt haben, sehen wir sie: die Tiere. Spinnen, Heuschrecken, Wanzen, Zikaden, Käfer, Nachfalter, Raupen. Und sie leben.

Spätestens jetzt senkt sich das Glücksgefühl auf mich. All die feinen Beine, die langen Fühler, die durchscheinenden Körperchen sind intakt. Dazu muss man wissen, dass nicht jedes Tier bei Störung wegfliegt, um sich in Sicherheit zu bringen. Manche lassen sich einfach fallen, oder versuchen, sich auf der Rückseite des Halmes zu verbergen.

Diese Fluchtstrategien bringen nichts, wenn ein Superschredder und Allessauger naht. Sie gehen aber bei unserer langsamen Sensenmahd auf, denn das Gras wird nur unten geschnitten, alles darüber fällt um und bleibt unversehrt. Es gibt kein Saugen, Pressen, Quetschen, dafür lange Halme, wo alles mögliche herumturnt. Freilich muss ich beim Schauen auf tausende Halme meine anfängliche Blindheit für die kleinen Tiere aushalten und mein Hirn umschalten auf Tierbeobachtungsmodus, während die Kinder da ganz schnell sind. Noch so offen, noch so neugierig!

Das Heu lassen wir liegen, bis sich hoffentlich viele der „Ureinwohner“, vergrämt vom trocken werdenden Heu und ihrer vertikalen Strukturen beraubt, neue Bleibe im benachbarten ungemähten Wiesenteil gesucht haben.

Drei Tage und ein Regenereignis später zieh ich das Heu ab. Ein Sportler hält inne und hilft spontan mit. Als er meine kleine Heugabel sieht, lächelt er nur und erzählt von Heugabeln, wie sie in der Ukraine verwendet werden, wo die Flächen groß sind und seine Wurzeln liegen. Wir plaudern während der Arbeit; ich spüre, dass er vieles nicht sagt und dafür mächtige Heuschwaden bewegt.

Es wird Abend, und ich fühle mich wie eine, die eine Auslöschung verhindert hat, zumindest heute, auf 750 Quadratmetern.

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