Freitag Nachmittag. Mit vier Leuten auf der Wiese, im Alter von 13 bis 53. Zwei Jugendliche haben das erste Mal eine Sense in der Hand und ich erklär mal das Wetzen und den sicheren Umgang mit der Sense, zehn Minuten später schwingen sie schon, genug geredet. Nach einer Stunde liegt ein ordentliches Stück, und die Jungen sind zufrieden, ich auch. Die Welt war für diese kurze Zeit nicht viereckig, sondern definitiv halbrund…geht nicht anders mit der Sense.


Samstag Früh. Jürgen, Bootsfahrer, Einradfahrer, noch alles mögliche andere, und ein Sensenmäher. Als er auf die Wiese kommt, in der Hand den Sensenbaum, im Rucksack das Sensenblatt, einen selbstgebauten Dengelstock und seine Wasserflasche, meint er schlicht: heut hab ich einen richtigen CO2-freien Tag. Er ist mit dem Bus gekommen und fährt nachher noch mit der Straßenbahn weiter. Dass er sein gesamtes Sensenzeugs mit hat, merkt man von außen nicht, er sieht aus wie ein Wanderer mit einem langen Stock in der Hand. Ich bin beeindruckt, wie frei er ist. Es geht ordentlich was weiter, ein paar Schaulustige quatschen mit uns, wir fachsimpeln über Wiesenknopf und die Mahd, und setzen uns zur kleinen Jause in den Baumschatten.
Sonntag, richtig früh. Ich bin mit hundert Vogelstimmen allein auf der Wiese und mähe durch taufrisches Gras. Linz ist ruhig, sehr entfernt das monotone Rauschen der Autobahn und näher erstes Morgengelächter aus geöffneten Fenstern. Die Stimmung ist magisch und ich bin im Flow.

Sonntag, Nachmittag. Auf der Wiese treffe ich eine Musikerin, einen Informatiker, einen Verleger, einen Maturanten und kurz gesellt sich auch eine Nachbarin dazu, die die Sense probieren möchte. Bunte Truppe. Wir mähen ein bisschen und machen sonst das Heu vom Freitag und Samstag, was in der Hitze schweißtreibend ist. Wieso man hier keine Maschine erfinde, fragt mich der jüngste unter uns. Die Maschine gäbe es ja, sage ich, und zeig ihm tiefe Fahrrillen vom letzten Einsatz und ein paar Mini-Heuschreckchen mit äußerst langsamer Fluchtgeschwindigkeit. Er versteht.
Am Montag liegt ein ordentlicher Heuhaufen am Rand, für die Abholung bereit. Der Heuduft steuert meine Emotionen verlässlich in eine wunderbare Welt, die sehr weit weg ist von Krieg und Bedeutungsverlusten. Ganz kurz noch raffe ich ein bisschen Heu und stecke meine Nase hinein, bevor mich der Alltag wieder in mein „echtes“ Leben reißt. Oh ich werde es wieder tun, in zwei Wochen ist die nächste Wiese dran.
Mach mit und meld dich an! Sensen-Mähaktion am 28. und 29. Mai 2022 auf der Wiesenknopfwiese oberhalb des Aubrunnerweges.
2 Antworten zu “Wochenende im Flow”
Der dabei war, verstand. Schnelle Maschinen bringen die Kleinlebewesen um. Bloß – verstehen das die anderen auch?
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Dass Rasenmäher und Co Tierkiller und CO2-Schleudern sind, wird noch zu wenig besprochen. Und das Wissen um die Sense ist in der Stadt noch nicht breit genug, das wird sich hoffentlich bald ändern
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